„Möchtegern-Gutmenschen“?

 

In den letzten Tagen sorgte ein Herr aus Ilvesheim (Name der Redaktion bekannt) für Aufregung via Facebook. Er wittert einen Skandal, der sich um eine „alte Frau“ (nach unserer Kenntnis handelt es sich um 3 Frauen), die – Zitat – „ins Vetter Stift gehen soll, um Wohnraum für Flüchtlinge zu schaffen“.

 

Da der Facebook Beitrag schnell in weiten Teilen der Gemeinde seine Runde machte, und er dabei offensichtlich auch uns als Beteiligten verstand, geben wir hier die Geschichte wieder: Er äußert Zweifel daran, dass diese „Möchtegern-Gutmenschen der AK Integration“ etwas bewirken werden. Wir wollen gerne zum Schlagwort „Gutmenschen“ etwas beitragen. Er fordert uns „und vor allen Dingen den eloquenten Vorzeigesprecher“ auf, etwas zu tun. Aufforderungen kommen wir nur nach wenn wir sie für sinnvoll halten – und wenn sie etwas mit dem Sinn unseres Arbeitskreises zu tun haben. Das ist im vorliegenden Fall aber überhaupt nicht gegeben. Wir kümmern uns nicht um die Mietverhältnisse zwischen der Gemeinde und ihren Mietern. Das ist ausschliesslich Sache der Gemeinde. Unsere Aufgabe ist es, den ankommenden Flüchtlingen die Integration zu erleichtern.

 

Hier bringen wir den vielen Interessierten unsere Gedanken zu den Facebook Kommentaren und der Geschichte insgesamt näher:

 

Was ist ein Gutmensch? Hier Auszüge aus der Definition von Wikipedia:

Gutmensch ist eine Bezeichnung, die häufig als ironisch, sarkastisch, gehässig oder verachtend“ gemeinte Verunglimpfung von Einzelpersonen, Gruppen oder Milieus („Gutmenschentum“) genutzt wird. Diesen wird aus Sicht der Wortverwender ein übertriebener, nach äußerer Anerkennung heischender Wunsch des „Gut-sein“-Wollens in Verbindung mit einem moralisierenden und missionierenden Verhalten und einer dogmatischen, absoluten, andere Ansichten nicht zulassenden Vorstellung des Guten unterstellt.

 

In der allgemeinen Beschreibung taucht bei Wikipedia auf „Gutmensch wird ... auch ... als Anklage verstanden.“ Und auch „Gutmenschen hätten gute Absichten, ... Ihre Handlungen... gelten aber in den Augen derer, die den Begriff Gutmensch negativ verwenden, ... als zweifelhaft oder unnütz.“ Innerhalb gesellschaftlicher Kreise erwähnt Wikipedia „Diese Kritik bedeutet, dass politische Äußerungen, die keine Konsequenzen verlangen, dem Sprecher allein dazu dienen, in einem „guten Licht“ dazustehen.

 

Ja - wir empfinden es im Facebook Kommentar tatsächlich etwas „gehässig“ und uns und auch unsere Tätigkeit im Arbeitskreis „verachtend“ (wie in der Wikipedia Definition beschrieben).

 

Wir haben diesen Herrn inzwischen eingeladen, zu einer unserer Zusammenkünfte zu kommen, um sich ein Bild von dem zu machen, was beim Arbeitskreis Integration wirklich stattfindet. Falls er tatsächlich mal auf unserer Internetseite vorbeischauen sollte, freuen wir uns natürlich, weil es hier für ihn viel zu erfahren gibt. Über unsere Arbeit und über die Situation der Flüchtlinge in Ilvesheim. Übrigens engagieren sich viele unserer Mitglieder auch in Verbänden, die sich um eine Verbesserung der Situation von älteren Menschen bemühen. Wir sind keine „Gutmenschen“, die sich auf Flüchtlinge konzentrieren und alles andere vergessen, sondern helfen Menschen, die Hilfe nötig haben.

 

Obwohl wir absolut nichts mit der eventuellen Umsiedlung dieser älteren Damen zu tun haben, hat es uns schon interessiert, was an der Sache dran ist. Viele seiner Follower hatten ja Zweifel geäußert und nachgefragt aus welcher Quelle denn die Informationen stammen. Der Bürgermeister hat sich inzwischen gegenüber der Presse geäußert:

 

 

Ilvesheim. Ältere Mieterin muss nicht aus der Wohnung

 

„Kündigung nie Thema“

 

Es ging wieder einmal hoch her im sozialen Netzwerk Facebook. Ein Schreiber kritisierte in scharfem bis beleidigenden Ton, dass einer alten Frau, die seit 60 Jahren in einem Ilvesheimer Gemeindehaus zur Miete wohnt, gekündigt werden soll, umWohnraum für Flüchtlinge zu schaffen. Diese Ankündigung löste zahlreiche Reaktionen aus. Der „MM“ hat im Rathaus nachgefragt und erfahren, dass an den Vorwürfen nichts dran ist. Laut Bürgermeister Andreas Metz hat die Kommune drei älteren Damen ein Angebot unterbreitet. Nachdem eine seniorengerechte Wohnung in der Goethestraße wegen eines Todesfalls frei wurde, habe die Gemeinde die Einwohnerinnen nach deren Bereitschaft für einen Umzug abgefragt. „Das war ein freiwilliges Angebot“, hob Metz im Gespräch mit dem „MM“ hervor.

 

Seniorengerechte Adresse

 

Zudem hätte die Gemeinde die Umzugs- und Renovierungskosten getragen, so Metz weiter. Und sie wäre, so das Ortsoberhaupt, für die Differenz bei der Miete aufgekommen. Keine der Angesprochenen will umziehen. Das respektiert die Kommune. „Von einer Kündigung war nie die Rede“, versicherte Andreas Metz. Wie zu erfahren war, hat eine der drei älteren Einwohnerinnen in Sorge von Kündigung gesprochen. Alle drei Ilvesheimerinnen müssen sich indessen um ihre Mietwohnung nicht sorgen. „Keine wird rausgeworfen“, versicherte Bürgermeister Metz auf Nachfrage. Die Gemeinde wollte mit einem Umzug in eine seniorengerechte Wohnung nur Gutes tun, so Metz abschließend. neu

 

© Mannheimer Morgen, Freitag, 23.02.2018

 

 

Das klingt doch alles sehr sozial – und der Fall könnte aufgelöst sein. Aber dieser Herr hat noch einmal in einem Nachtrag auf den MM Artikel reagiert und seine nochmaligen Erkenntnisse bei Facebook verbreitet. Zusammenfassen kann man diese wie folgt: er hat nochmal mit dieser „älteren Frau“ gesprochen. Dabei hat sich angeblich herausgestellt, dass ein Mitarbeiter des Bauhofs ein Schreiben der Gemeinde überbracht hat, Zitat: „mit verbalen Hinweis ; wir kommen eh bald wieder vorbei um die Wohnung auszuräumen. Mieterin soll sich bei Gemeinde melden, Mieterin meldet sich bei Gemeinde… Es war bei diesem Gespräch nie die Rede von einer Umzugshilfe oder gar eines Mietausgleichs...“ Zitat Ende. Danach kritisiert er noch unterstellend den Mannheim Morgen – so ganz sachlich zu bleiben liegt ihm anscheinend wirklich nicht – und kommt zum Schluss dann zu einem Fazit - Zitat: „Vielleicht sollte die Gemeinde manche seiner MA mehr sensibilisieren wenn es um den Umgang mit älteren Menschen geht ...“.

 

Ja, die Sensibilität ist wirklich wichtig – nicht nur im Umgang mit älteren Menschen, sondern mit allen Menschen. Eventuell sogar bei Facebook Beiträgen...

 

Zum Schluss noch eine Anmerkung: Wenn Sie vorhaben, sich über unsere Arbeit zu äußern, dann kommen Sie doch einfach zuvor mal vorbei und informieren Sie sich direkt bei uns. Fühlen Sie sich eingeladen!

 

die Redaktion