© Artikel aus "Ilvesheim informiert"
Ein Ziel des Rhein Neckar Kreises 2018: „Integration von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte“. Unterteilt u.a. in: Verringerung der Arbeitslosenquote und Verringerung der Ausbildungsabbruchquote bei Personen mit Zuwanderungsgeschichte, vor allem Neuzugewanderte.
Hier ein Beispiel: Ein junger Flüchtling kommt 2015 nach Weinheim – in einer schwierigen Zeit. Nicht nur für Flüchtlinge, sondern auch für Behörden. Damals haben sich viele freiwillige Helfer zu Arbeitsgruppen formiert. Um den Flüchtlingen zu helfen, aber auch um die Arbeit der Behörden etwas zu vereinfachen. Er „wohnt“ dann 10 Monate in der Winzerhalle in Lützelsachsen. Auch eine schwierige Zeit. Die Halle konnte anfangs nicht richtig geheizt werden, so dass das „wohnen“ bei niedrigen einstelligen Temperaturen stattfand. Aber, wir wollen nicht meckern. Wir alle waren auf diesen Ansturm damals nicht vorbereitet. Er kam danach in die „vorläufige Unterbringung“ in Weinheim. Normalbreites Bett statt schmales Feldbett – und sogar mit einer Matratze. In einer Wohngemeinschaft mit anderen. Purer Luxus also. Allen Beteiligten von damals sei Dank, dass sie all das, unter vielen Schwierigkeiten, möglich gemacht hat. Sie schafften das!
Er ist dann 5 Mal Vorladungen zur Anhörung über seinen Asylantrag gefolgt. Erst beim 5. Mal kam er wirklich dran. Er hat Deutsch gelernt – mit etwas staatlicher Hilfe, aber vor allem mit viel Unterstützung von Ehrenamtlichen und Eigeninitiative. Und mit Erfolg. Er trat in einen Sportverein ein als aktiver Volleyballer. Und – der Gipfel für ihn schien erreicht zu sein, als er letztes Jahr eine Lehrstelle bekam. Er ist jetzt Azubi, bezahlt Sozialbeiträge und Steuern und liegt dem Steuerzahler nicht mehr auf der Tasche. Von der Ausbildungsvergütung bezahlt er seinen kompletten Unterhalt und auch die Kosten für die Unterbringung. Er zahlt auch noch für die Schülerhilfe, weil er die Ausbildung erfolgreich beenden will. Er fiel auf durch seinen ausgeprägten Willen zur Integration. Ein Paradebeispiel dafür wie es gehen kann, wenn alle an einem Strang ziehen.
Im Februar kommt Post. Es hätte sein Bescheid über den Asylantrag sein können – immerhin wartet er inzwischen seit fast 3 Jahren darauf. Aber nein – ein Schreiben der Ausländerbehörde sagt, dass er innerhalb von 3 Tagen nach Ilvesheim ziehen muss. Auf Nachfrage der Patin ergibt sich, dass die Strecke zu Schule, Beruf, Sport, Freizeit und zu seiner Patin „angemessen“ ist. Mit dem Fahrrad wird es allerdings schwierig, diese Strecke z.T. mehrmals täglich zu bewältigen, vor allem im Winter. Aber mit dem VRN geht es. Die Monatskarte, deutlich mehr Kosten für die Unterbringung in Ilvesheim - schwierig. Und zeitlich: laut Fahrplan hat er an den Tagen, an denen er Sport macht nur noch 5 Stunden zum Schlafen übrig.
Der Arbeitgeber hat keinen Umzugsurlaub genehmigt. Ihm war die Vorwarnzeit von 2 Tagen zu kurz war. Also kam er erst 4 Wochen später.
Das Strategiepapier des RNK will bei Verlegungen künftig den „individuellen Integrationsverlaufs der jeweiligen geflüchteten Person“ berücksichtigen. Verlegungen sollen möglichst ausschließlich unter Berücksichtigung von Ausbildung, Arbeit und Sprachförderung, der jeweiligen Geflüchteten koordiniert werden. „Bei Bedarf werden auch ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer hinzugezogen.“ So soll der bestmöglichste Integrationsprozess erreicht werden.
Wie lange werden wir auf die Umsetzung dieses Plans warten müssen?
Wir wünschen Allen Frohe Ostern! Auch im Namen unserer Flüchtlingskinder mit einem der Motive, hier leider nicht in bunt, die sie beim 10. Café der Kulturen kreierten:
Gerhard Staufer