Neue Nachbarn – aus Eritrea
In Ilvesheim gibt es 6 Flüchtlinge aus Eritrea. Vier Christen und zwei Muslime. Alle sind seit ca. 2 Jahren in Deutschland und waren zuvor ca. 2 Jahre auf der Flucht. Zwei von ihnen warten seitdem sehnsüchtig auf ihre Frauen und Kinder, die in Äthiopien bzw. im Sudan zurückgeblieben sind. Das Warten darauf und die neue veränderte politische Lage in Deutschland zermürbt. Außerdem kommen sie sich nach der langen Zeit mit Deutschunterricht nutzlos und irgendwie „ausgehalten“ vor. Sie verstehen nicht gut, warum sie so lange Geld vom Staat bekommen, ohne etwas dafür arbeiten zu können. Viel lieber würden sie mit ihrer eigenen Hände Arbeit Geld verdienen. Das würde ihr Selbstwertgefühl enorm steigern. Fünf von ihnen sind dabei, ihre Deutschkurse demnächst zu beenden und suchen sehnlichst Arbeit, z.B. als Lagerarbeiter oder Maler, bzw. Ausbildungsplätze in diesen oder ähnlichen Berufen.
Warum verlassen Eritreer ihr Land? - Eritrea das „afrikanische Nordkorea“
Seit 1998 Grenzkonflikt mit Äthiopien. Deshalb gilt in Eritrea die zeitlich unbegrenzte Wehrpflicht („Nationaldienst“) von 18 – 67 Jahren. Viele werden bis zu 20 Jahre lang dazu eingezogen. Verheiratete, schwangere Frauen und Mütter können von dieser Pflicht befreit werden. Darauf gibt es aber keinen Rechtsanspruch. Es gibt nur eine geringe Besoldung, Urlaub wird selten und willkürlich gewährt, so dass kein geregeltes Familienleben möglich ist. Teils bewachen sie die Grenze zu Äthiopien, teils bauen sie Straßen oder arbeiten auf den Feldern der Generäle. Für viele von ihnen gibt es aber schlicht keine Verwendung. Sie werden im Militärdienst dennoch derartig drangsaliert, dass die Angst vor dem Regime ihr Leben und das ihrer Familien bestimmt, und sie sich niemals dagegen auflehnen würden.
Menschen von 5 – 50 Jahren dürfen das Land nicht verlassen. Es gilt Schießbefehl bei Fluchtversuchen. Wer es trotzdem schafft, muss eine „Aufbausteuer“ an den eritreischen Staat zahlen. Sonst setzt man Verwandte unter Druck oder inhaftiert sie. Diese Abgabe, die von hunderttausenden Auslandseritreern erhoben wird, stellt schätzungsweise ca. 1/3 der Staatseinnahmen dar. Tausende sind willkürlich inhaftiert, ohne Anklageerhebung oder Gerichtsverfahren. Die UN stellt fest, dass staatliche Behörden die Verantwortung für Verbrechen gegen die Menschlichkeit wie Versklavung, Verschwindenlassen (z.B. von evangelischen Christen), willkürliche Inhaftierung, Folter, Vergewaltigung und gezielte Morde tragen.
Abschiebungen nach Eritrea gibt es praktisch nicht. Sofortige Verhaftung und Internierung mit drakonischen Strafen bis hin zur Todesstrafe wäre die Folge. Auf der Rangliste der Pressefreiheit kommt das Land 2017 auf den 179. = vorletzter Platz vor Nordkorea.
Stark leiden z. B. Gesundheits- und Bildungssektor enorm. Es gibt Mangelernährung - die Lebenserwartung ist niedrig – nur 3% erreichen ein Alter von 65 Jahren. Nicht einmal die Hälfte aller Kinder besucht eine (schlecht ausgestattete) Grundschule. Die durchschnittliche Klassenstärke liegt bei 63 (Grundschulen) bzw. 97 (weiterführende Schulen). Ca 30% sind Analphabeten. Auch einer unserer Ilvesheimer Eritreer gehört dazu. Viele Gründe also, eritreischen Flüchtlingen zu helfen.
Quellen: Wikipedia, OpenDoors, Amnesty International, missio, der Spiegel, FAZ, Pateninformationen