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Bald ist Weihnachten – überall!

 Weihnachtsmarkt, Weihnachtsgans, Geschenke und Christmette. Unsere Ilvesheimer Flüchtlinge erleben die Weihnachtsstimmung – etwas, das viele gar nicht oder zumindest nicht so kennen wie wir das in Deutschland machen. Flüchtlinge sind beeindruckt vom Lichterschmuck in Deutschland. Bräuche, wie zum Beispiel unser Adventskalender sind absolut unbekannt. Freunde und Familien treffen sich an den Feiertagen. Flüchtlinge finden das schön. Es schmerzt sie aber, dass sie ihre eigene Familie nicht sehen können. 

Sie riechen den Duft von Glühwein – etwas sehr fremdes. Die Zuckerwatte kennen sie auch von Zuhause. Sie sehen die Hektik! Alles rennt und hetzt. Dazu überall Musik und Lieder, die für sie irgendwie traurig klingen. An Heilig Abend fast keine Menschen mehr auf den Straßen. Durch Fenster schauen sie am Abend in die feierlich geschmückten Wohnzimmer – mit Christbaum. Seltsam, aber schön. Der Weihnachtsmann im Einkaufszentrum ist gut für ein Selfie – am besten zusammen mit dem Baum. Wird sofort in die Heimat geschickt. Für sie ist das alles „typisch Deutsch“. Dass es sich dabei um ein christliches Fest handelt, wird vielen gar nicht so klar. Manche verstehen, dass es um die Geburt von Jesus Christus geht, der auch im Islam als heiliger Gesandter Gottes (Prophet) gilt.

 

Dass Weihnachten in vielen Ländern ein großes Ding ist, wissen sie aus dem Internet. Die Gefühle, die unsereins damit verbindet, können sie aber nicht nachvollziehen. Die gibt es nicht in digitaler Form. Gibt es eigentlich Weihnachten auch dort wo unsere Flüchtlinge herkommen?

 

Afghanistan 

Weihnachten ist ziemlich unbekannt, da es kaum Christen im Land gibt. Auch unsere Flüchtlinge sind Muslime. Statt Sylvester wird Neujahr am 20. März Nouruz gefeiert. Dann trifft sich die ganze Familie und es gibt kleine Geschenke für die Kinder.

 

Syrien

Hier leben relativ viele Christen (ca. 10% Bevölkerungsanteil) – und sie feiern Weihnachten. In Dörfern oder Stadtvierteln mit christlicher Mehrheit gibt es Umzüge und in der Öffentlichkeit gibt es rot-grünen Schmuck.

 

Vor dem Krieg haben überall im Land Angehörige von verschiedenen Religionen friedlich zusammengelebt. Muslime waren oft mit ihren christlichen Nachbarn befreundet und haben sich jedes Jahr „eid milad mmajid“ (Frohe Weihnachten) gewünscht. In jeder größeren Stadt gab es sowohl Moscheen als auch Kirchen. Es gab an Weihnachten besonders festliche Gottesdienste und Pfarrer machten manchmal Kindern kleine Geschenke. Auch daheim wurde gerne ein Baum aufgestellt, keine Nordmanntanne, sondern „etwas“, das man schmücken kann. 

 

Das ist heute alles nicht mehr so. Viel Christen haben Angst, nur weil sie Christen sind. Beschimpfungen, Mobbing, Diebstähle. Viele gehen heutzutage nicht mehr in die Kirche. Es ist einfach zu gefährlich. Assad, al-Nusra, der IS – zwischen den Kriegsparteien in Syrien wurden die Christen förmlich zerrieben.

 

Armenier

Eine beachtliche Anzahl Armenier lebt auf allen Erdteilen (z.B. in Deutschland ca. 60.000, in Paris ca. 100.000) verstreut und auch im Nahen Osten. Armenische Flüchtlinge kommen hauptsächlich aus Syrien. Weihnachten wird am 6. Januar gefeiert. Die Adventszeit „Hisnak“ beginnt 50 Tage zuvor. Eine Fastenzeit, eine Zeit des Nachdenkens, der Besinnung, der guten Taten und der Vorbereitung zum großen Fest.

 

Heilig Abend wird am 5. Januar mit

der abendlichen Surb Patarag (Hl. Messe) gefeiert. Am Ende des Gottesdienstes wird vom Hauptaltar das Kerzenlicht heruntergebracht und unter den Gläubigen verteilt. Sie zünden ihre Kerzen bzw. Öllampen an und bringen Symbolisch das Licht Christi in ihre Häuser. Bei einer feierlichen Prozession, werden von Gläubigen, und vor allem von Kindern, Weihnachtslieder gesungen und es finden die ersten Haussegnungen statt. Der Pfarrer versucht in 40 Tagen alle seine Gemeindemitglieder zu besuchen.

 

Am 6. Januar dann das feierliche Morgenlob mit der Prozession Andastan, bei der die 4 Ecken der Welt gesegnet werden. Anschließend bei der Messe die traditionelle Wasserweihe und die Wahl des Kreuzpaten. Vom 29. Dezember – 5. Januar ist es untersagt, abends zu arbeiten, es ist die Fastenwoche „Tsnntyan Shapatapahk“. Man sollte sich körperlich und seelisch zum wichtigsten Fest vorbereiten. Nach dem Sonnenuntergang soll man den Dschrakaluytz-Abendgottesdienst besuchen und die Hl. Kommunion empfangen. Erst nach der Heiligen Kommunion darf man das Fasten brechen. Der Weihnachtsbaum „Tsnndean Tsar“ (Baum des Lebens, der Geburt) wird mit mit Süßigkeiten, Nüssen und getrockneten Früchten geschmückt. Der Hl. Nikolaus und der Hl. Gregor werden als Heilige geehrt und sind vor allem bei den Kindern sehr beliebt. Am Heilig Abend bringen sie den Kindern Geschenke und stellen sie unter den Weihnachtsbaum. Der armenische Adventskranz hat insgesamt 8 Kerzen – 7 für die Sonntage der armenischen Adventszeit und die eine Kerze in der Mitte, die etwas größer als die anderen Kerzen ist, symbolisiert Jesus Christus. 

 

Somalia

Die muslimische Regierung hat das Weihnachtsfest verboten, weil das Land „zu  100% muslimisch ist“. Allerdings gibt es wirklich auch immer noch Christen im Land. Die müssen nun heimlich Weihnachten feiern.

 

Irak

In großen Städten wird kurz vor Weihnachten tatsächlich ein wenig dekoriert.  Christen feiern Weihnachten. Am 24. Dezember gibt es eine besondere Messe. Der Geistliche spendet den Leuten in der Kirche einen Segen, den jeder dann an die nächste Person weitergibt. Am späten Abend dann zusammen mit der ganzen Familie ein Festmahl. Bis zum Irak-Krieg im Jahr 2013 hatten Christen im Land keine Probleme Weihnachten zu feiern. Jetzt ist es schwieriger geworden. Der „Islamische Staat“ hat in vielen Köpfen Spuren hinterlassen, die den Christen Angst machen. Immer mehr von ihnen feiern jetzt Weihnachten hinter geschlossenen Türen. In den letzten Jahren sind fast 2 Millionen Christen geflohen.

 

Eritrea

Da die große Mehrheit der Christen orthodoxen Glaubens ist, wird Weihnachten am 7. Januar gefeiert. Die heiligen drei Könige kommen am 19. Januar. Vor Weihnachten wird 40 Tage lang gefastet. Während dieser Zeit dürfen keine tierischen Produkte gegessen werden. Die Wochen vor Weihnachten sind eine Zeit des Verzichts. Umso größer wird dann das Festessen am 7. Januar.

 

Iran

Es gibt im Iran ca. 360.000 Christen. Viele von ihnen sehen Weihnachten nicht so eng - sie feiern Heiligabend auch mit Freunden, die keine Christen sind.

 

Weihnachten wird am 6. Januar gefeiert. Nach der Hl. Messe gibt es ein Festessen: „Sabzipolo“ (Fisch und Kräuterreis). Es gehört eigentlich zum iranischen Neujahrsfest. Hier vermischt sich das Brauchtum der Christen mit anderem – wie auch bei uns. Der Weihnachtsmann heißt Papa Noel. 

 

In Teheran gibt es kunterbunte beleuchtete Weihnachtsbäume mit Weihnachtsdeko und Krippen in Einkaufszentren und Hotels. Im Gegensatz zu den meisten umliegenden muslimischen Ländern, die öffentliche Weihnachtsfeiern für Muslime verbieten, gibt es in Iran keinerlei Einschränkungen. Auch in anderen Städten sieht man vermehrt Weihnachtsverzierungen in Einkaufspassagen und Wohngegenden. Oft werden die Feiertage dazu genutzt, um einfach mal mit Alkohol und westlicher Musik abzufeiern. Beides ist offiziell in Iran für Muslime strengstens verboten, jedoch lassen sich die wenigsten von solchen Drohungen beeindrucken.

 

Die meisten Weihnachtsbäume sind aus Kunststoff - Abholzen von Tannenbäumen ist verboten. Wer genügend Geld hat kann aber auch für 500 Euro, für viele ein Monatsgehalt, einen echten Baum kaufen.

 

Äthiopien

Die meisten Äthiopier gehören der Äthiopisch-Orthodoxen Kirche an. „Ganna“ (Weihnachten) wird am 7. Januar gefeiert. Am Weihnachtsabend des 6. Januar wird gefastet.

 

Im Morgengrauen des Weichnachtstages wird eine Messe gefeiert. Erwachsene tragen dabei ein weißes Baumwollgewand mit bunten Streifen an den Bündchen, die  „Shamma“. In der Kirche singt ein Chor. Jeder Kirchgänger erhält beim Eintritt eine Kerze und nimmt an einer Prozession teil, bei der die Kirche drei Mal umrundet wird. Die bis zu drei Stunden dauernde Messe wird im Stehen zelebriert, dabei stehen Männer und Frauen getrennt voneinander. Nach der Kirche wird den Rest des Tages zusammen gesungen, gebetet und gefeiert. Das Weihnachtsessen besteht aus einem scharf gewürzten Eintopf namens „Wot“, der aus Fleisch und Gemüse und manchmal auch aus Eiern besteht. Dazu gibt es das Fladenbrot „Injera“, mit dem die Suppe gelöffelt wird. Es werden keine Geschenke ausgetauscht, es kommt lediglich vor, dass Kindern etwas Geld für neue Kleidung geschenkt wird. Unzählige Äthiopier pilgern zu Weihnachten nach Lalibela, einer heiligen Stadt und einem Wallfahrtsort im Norden des Landes zur Bet Maryam Kirche der heiligen Maria.

 

Gambia

Hier ist der 25. Dezember offizieller Feiertag, obwohl Christen in der Minderheit sind. 

Christen und Muslime feiern zusammen. Bei Kostümfesten und Umzügen wird Geld für die Neujahrsparty gesammelt. Trotzdem nimmt man Weihnachten sehr ernst als Fest des Wohlwollens, der Nächstenliebe und der Familie. 

 

Ghana

Der religiöse Inhalt steht im Vordergrund. Ab dem 1. Advent wird Haus und Hof weihnachtlich dekoriert. Festlich dekorierte Mango-, Guaven- oder Cashew-Bäume im Vorgarten oder auf Marktplätzen müssen als Weihnachtsbaum herhalten.

 

Ab 20. Dezember machen die meisten Unternehmen Betriebsferien, damit ihre Mitarbeiter zu ihren zumeist auf dem Land lebenden Verwandten fahren können. Am 25. und 26. Dezember wird dann Weihnachten gefeiert. Am 24. Dezember versammelt sich die Gemeinde zu einer Christmette mit Gesang, Tanz und Trommelmusik. Oft gibt es auch ein von Kindern aufgeführtes Krippenspiel. Die Messe dauert manchmal bis in die Morgenstunden. Danach gibt es noch einen Umzug durch die Straßen mit Tanz, Gesang und Auftritten von lokalen Bands. Am Weihnachtsmorgen versammeln sich Ghanaer in ihrer besten Kleidung oder in ihrer Stammeskluft wieder zu einer langen Messe. Danach treffen sich Familie und Freunde zum Essen und zum Austausch von Geschenken. Das typische Weihnachtsessen besteht aus einem scharf gewürzten Reis, dem „Jollof-Reis“, Ziegen- oder Hühnerfleisch, Okraschoteneintopf, einer Paste aus Yamswurzel, die „Fufu“ genannt wird, und Früchten. Besonders ist die Ehrung von Hebammen, die auf eine Legende der Hebamme Anna zurückgeht, die bei der Geburt von Jesus in Bethlehem geholfen und ihn vor einem missgünstigen Judäer-König beschützt haben soll. Ihre Geschichte wird Weihnachten in Ghana erzählt.

 

Nigeria

An Weihnachten kehren viele aus der Stadt in ihre Heimatdörfer zurück. Viele Städte sind dann wie leer gefegt. Haus und Hof, Kirchen und öffentliche Gebäude werden mit Palmwedeln, die Frieden symbolisieren, festlich dekoriert. Manche Familien haben künstliche Weihnachtsbäume. Am Heiligen Abend ist die Christmette und der 25. Dezember ist der offizielle Weihnachtsfeiertag. Es gibt ausgelassene Straßenfeste, die bis in die frühen Morgenstunden gehen - eine Mischung aus christlichen Bräuchen und altertümlichen Maskeraden mit Tänzen. Ein spezieller nigerianischer Weihnachtsbrauch ist das „Ekon Play“, bei dem Theatergruppen mit einer Puppe auf dem Arm tanzen, die das Jesus-Kind symbolisieren soll. Sternsinger ziehen durch die Straßen und singen Weihnachtslieder. Geschenke sind unüblich, es wird aber erwartet, dass die wohlhabenderen den weniger privilegierten Familienmitgliedern Weihnachtsgeschenke (meist Geld) machen. Es wird viel Fleisch (Truthahn, Rind, Ziege, Schaf oder Huhn) gegessen. Dazu gibt es einen scharf gewürzten Reis, den „Jollof-Reis“, eine Paste aus Yamswurzel, die „Fufu“ genannt wird, verschiedene Salate und Eintöpfe. Alkoholische Getränke (Palmwein/Bier) werden dazu getrunken.

 

Wir wünschen allen Menschen, die Weihnachten feiern, eine besinnliche Weihnachtszeit und allen anderen eine schöne Zeit und guten Appetit!