Bei schönem Sommerwetter fand am Samstag den 30. Juli 22 bereits das dritte Familienangebot für die neu in Ilvesheim angekommenen ukrainischen Frauen und Kinder statt. Das Besondere an unserem neuen Konzept: Das JUZ überlässt uns die Räume, der Arbeitskreis Integration Ilvesheim lädt ein. Gemeinsam bieten wir hier alle 14 Tage Raum und Zeit für Begegnung an: von Kind zu Kind, von Mutter zu Mutter, von und mit den ukrainischen Frauen gemeinsam.
So hatte sich für dieses Samstagsnachmittagstreffen die Ukrainerin Natalia ein ganz besonderes Bastelangebot für Groß und Klein ausgedacht: Zum ukrainischen Osterfest waren die Familien bereits in Ilvesheim angekommen und holten jetzt in aller Ruhe und im Frieden die kunstvolle Herstellung filigraner Ostereier nach, ein Stück vertrauter ukrainischer Tradition.
Im MaMo war zu Ostern ein Artikel über diese Kunst erschienen, doch erst bei diesem Samstagstreffen habe ich verstanden, wie die Herstellung der bunten und fantasievollen Eier abläuft. Und ich kann berichten: Es braucht seine Zeit! Zunächst wurden Tische mit Zeitungspapier ausgelegt, Kerzenstumpen und an jedem Platz das typische Werkzeug verteilt: Eine Art Kelle, mit der weich-geschmolzenes Wachs ganz fein und gut portioniert auf die rohen (!) Einer aufgetragen werden kann. Mit ruhiger Hand, oder auch großzügig getupft und gefleckt – je nach Alter und Geduld der kleinen und erwachsenen Künstler.
Typisch für unsere unsere Eierfärbetechniken in Deutschland ist, dass wir die Eier zunächst ausblasen und über ein eingefädeltes Streichholz am offenen Ende eine Schlaufe herstellen, um die farbigen Eier später an Büsche und Zweige hängen. Das ist eine zerbrechliche Angelegenheit. Die ukrainische Technik ist anders:
Sie verwenden rohe Hühnereier. Die liegen gut in der Hand und sind extrem lange haltbar, denn die Poren der Außenhaut werden am Ende des Kunstwerkens komplett mit Wachs verschlossen. So trocknet das Innere im Laufe der Zeit einfach aus, irgendwann ist nur noch ein Klappern im Ei-Inneren zu hören. Auf diese Weise können die gut präparierten Unikate das ganze Jahr lang dekoriert werden.
Und so funktioniert es: Zunächst werden die Kerzen angemacht, das Wachs wird heiß. Eine kleine Menge des flüssiges Wachses wird in das Hilfswerkzeug gefüllt, das wie bei einem Trichter eine kleine Menge Wachs durchlässt. So lassen sich erste Formen vorgeben, und der Wachs kann auf der Schale trocknen. Die so vorbereiteten Eier werden im nächsten Arbeitsgang in Essigwasser eingefärbt.
Wie beim Batiken bleibt dabei an der vorbehandelten Stelle die Eierschale weiß, und der Wachs wird anschließend mit einem Tuch einfach wieder abgewischt: Schon ist ein erstes Muster auf der Eierschale sichtbar. Dann folgt der nächste Durchgang, mit neuen Formen und Mustern, wird wiederum in eine andersfarbige Essiglösung eingetaucht und die nächste Farbschattierung entsteht. Dieser Vorgang wurde mehrfach wiederholt, bis alle ganz zufrieden und die Eier wunderbar bunt waren.
An diesem Nachmittag waren mit den Helfenden zusammen 12 Frauen und ebenso viele Kinder da, die meisten von ihnen ukrainisch. Unsere Verständigung im Garten ging wie schon gewohnt mit Englisch und bei kniffligeren Fragen dank der Übersetzung einer im Deutschen fitten Ukrainerin vonstatten. Das „Learning by doing“ veranschaulichte den Rest. Ein Teil der Besucher saß über 2 Stunden geduldig bei der Arbeit, die anderen machten sich über Kaffee und Kuchen her. Die Kinderaugen leuchteten, als die Kunstwerke schließlich präsentiert werden konnten: Jedes farbige Ei ein Unikat, und eine gute Anregung für unsere Kindergärten und Bastelaktionen zuhause. Natürlich gab es auch für die kleinen Künstler Muffins und Kuchen hinterher.
Wir Helfenden konnten uns ganz entspannt zurücklehnen und neue Leute kennenlernen. Beim Aufräumen gegen 17 Uhr packten auch die Gäste tatkräftig mit zu, und schnell war alles wieder für das nächste Jugendprogramm an Ort und Stelle. Ein herzliches Dankeschön geht an alle helfenden Hände!
Der nächste Familientreff, wieder als gemeinsames Projekt, wird am Samstag den 3. September ab 14 Uhr stattfinden. Wir freuen uns, dass wir das Jugendzentrum für unser Kennenlernen der Neuankömmlinge und ihren Austausch untereinander nutzen dürfen; die Gemeinde hat wieder die kalten Getränke zur Verfügung gestellt, das AKI Kaffee und Tee. Bis zum nächsten Mal, Прошу*!
Für das AKI: Dr. Petra Heinemann, Ilvesheim
* Прошу ist Ukrainisch und heißt „willkommen!“